Die Intention-Verhaltens-Lücke: Warum gute Vorsätze oft scheitern

Intention Behavior Gap

Viele von uns haben es schon erlebt: Wir fassen einen festen Vorsatz, sind motiviert, etwas zu ändern, und dennoch bleibt das Verhalten aus. Dieses Phänomen wird in der Psychologie als „Intention-Verhaltens-Lücke“ bezeichnet – die Lücke zwischen dem, was wir beabsichtigen zu tun, und dem, was wir tatsächlich tun.

Für Menschen, die an Angsterkrankungen wie Agoraphobie oder Panikattacken leiden, kann diese Lücke besonders ausgeprägt und hinderlich sein.

In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf die Ursachen der Intention-Verhaltens-Lücke, wie sie speziell bei Angsterkrankungen wirkt, und stellen praktische Ansätze vor, um diesen psychologischen „Stolperstein“ zu überwinden.

Was ist die Intention-Verhaltens-Lücke?

Die Intention-Verhaltens-Lücke beschreibt die Diskrepanz zwischen der Absicht, ein bestimmtes Verhalten umzusetzen, und der tatsächlichen Ausführung dieses Verhaltens. Beispielsweise könnte jemand mit Agoraphobie fest entschlossen sein, mehr Zeit außerhalb des Hauses zu verbringen, da er weiß, dass dies langfristig zu einer Verbesserung seiner Symptome führen kann. Doch wenn es dann tatsächlich an der Zeit ist, das Haus zu verlassen, setzt oft die Angst ein und das geplante Verhalten bleibt aus.

Die Gründe für diese Lücke sind vielfältig und umfassen Faktoren wie:

  • Angst und Unsicherheit: Selbst wenn die Absicht vorhanden ist, können Gefühle von Angst und Unsicherheit das Verhalten hemmen.
  • Fehlende Selbstwirksamkeit: Menschen glauben nicht, dass sie in der Lage sind, ihre Vorsätze erfolgreich umzusetzen.
  • Habituierte Vermeidungsstrategien: Gewohnheiten, die über Jahre entwickelt wurden, sind schwer zu durchbrechen und wirken oft unbewusst.

Ein konkretes Beispiel: Der Fall von Laura und ihrer Agoraphobie

Laura leidet seit Jahren an Agoraphobie und hat große Schwierigkeiten, öffentliche Orte zu betreten, an denen sie sich nicht sicher fühlt. Vor kurzem hat sie beschlossen, daran zu arbeiten, diese Ängste zu überwinden. Ihre Intention ist klar: Sie möchte sich wieder freier bewegen und sich nicht länger von ihrer Angst einschränken lassen.

Laura setzt sich das Ziel, dreimal pro Woche einen kleinen Spaziergang in ihrer Nachbarschaft zu machen. Sie ist überzeugt, dass dies ihr langfristig helfen wird. Doch immer, wenn der Zeitpunkt für einen Spaziergang gekommen ist, beginnt sie, Ausreden zu finden: „Heute bin ich zu müde“, „Es könnte ja etwas passieren“, oder „Vielleicht sollte ich lieber morgen gehen.“ Die Angst, die sie überwinden wollte, ist stärker als die Intention.

Diese wiederkehrende Erfahrung verstärkt ihre Zweifel daran, dass sie ihre Angst jemals in den Griff bekommen kann. Die Intention-Verhaltens-Lücke verfestigt sich und erschwert ihre Fortschritte.

Warum die Intention-Verhaltens-Lücke bei Angsterkrankungen besonders herausfordernd ist

Bei Angsterkrankungen, speziell bei solchen, die mit Vermeidungshandlungen verbunden sind, wirkt die Intention-Verhaltens-Lücke oft wie ein Teufelskreis. Obwohl Betroffene häufig den Wunsch haben, ihre Ängste zu überwinden, scheitern sie immer wieder an der Umsetzung, was das Gefühl der Hilflosigkeit verstärkt. Das Wissen, dass Konfrontation hilfreich wäre, hilft oft nicht, weil die zugrunde liegende Angst jede Handlung blockiert.

Strategien zur Überwindung der Intention-Verhaltens-Lücke

Es gibt einige erprobte Ansätze, die Menschen mit Angsterkrankungen helfen können, die Intention-Verhaltens-Lücke zu schließen und aktiv zu werden. Hier sind einige der wichtigsten Strategien:

  1. Kleine Schritte und realistische Ziele setzen: Statt sich das Ziel zu setzen, sofort lange Spaziergänge zu machen, könnte Laura damit beginnen, zunächst nur den Briefkasten vor ihrem Haus zu erreichen. Indem sie kleine Erfolge sammelt, stärkt sie ihr Selbstvertrauen und erlebt, dass sie Handlungsmöglichkeiten hat.
  2. Einen Plan erstellen und Hürden identifizieren: Laura könnte sich bewusst machen, was sie daran hindert, ihre Absichten umzusetzen. Ein Plan, der beinhaltet, wie sie mit den typischen Hürden umgehen will (z.B. Entspannungstechniken oder ein kurzer Anruf bei einem Freund, bevor sie das Haus verlässt), kann helfen, vorbereitet zu sein.
  3. Verhalten verstärken und belohnen: Positive Verstärkung kann motivierend wirken. Laura könnte sich nach jedem erfolgreichen Spaziergang mit einer kleinen Belohnung motivieren – sei es ein guter Kaffee oder ein Lieblingsbuch.
  4. Selbstwirksamkeit stärken: Laura kann sich bewusst auf die positiven Erfahrungen fokussieren und diese schriftlich festhalten. Dies hilft ihr, an ihre eigenen Fähigkeiten zu glauben und die Lücke zwischen Intention und Verhalten allmählich zu schließen.
  5. Professionelle Unterstützung in Anspruch nehmen: Wenn die Intention-Verhaltens-Lücke über einen langen Zeitraum bestehen bleibt, kann therapeutische Unterstützung, z.B. in Form einer kognitiven Verhaltenstherapie, hilfreich sein. Ein Therapeut kann Laura konkrete Techniken zur Verhaltensänderung an die Hand geben und sie auf dem Weg zur Angstbewältigung begleiten.

Fazit

Die Intention-Verhaltens-Lücke ist ein häufiges Hindernis, insbesondere bei Menschen mit Angsterkrankungen wie Agoraphobie. Der Wille zur Veränderung ist oft vorhanden, doch die Umsetzung fällt schwer. Indem Betroffene sich realistische Ziele setzen, sich bewusst auf kleine Erfolge fokussieren und schrittweise Veränderungen anstreben, lässt sich die Lücke zwischen Absicht und Handlung jedoch schließen.

Menschen wie Laura haben das Potenzial, ihre Ängste zu überwinden – auch wenn der Weg herausfordernd ist. Durch Geduld, Selbstmitgefühl und gezielte Strategien kann es gelingen, gute Vorsätze in die Tat umzusetzen und Stück für Stück ein angstfreieres Leben zu führen.

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